Krieg, Naturkatastrophen und menschliche Schicksale machen regelmäßig Millionen von Menschen weltweit obdachlos. Zur Milderung der Not gibt es auf dem gesamten Globus Initiativen, die Menschen in diesen Krisensituationen helfen. Darunter befindet sich auch der Kölner Verein „Little Home e.V.“, der mit seriellen Baumethoden kleine Wohnboxen für Obdachlose baut. Obdach, Schutz und Heimat – diese drei für „Little Home e.V.“ geltenden Schlüsselbegriffe zur Linderung menschlichen Leids waren auch nach dem Zweiten Weltkrieg für das Notkirchenprogramm des Evangelischen Hilfswerks richtungsweisend. In einem beispiellosen Programm entwickelte der Architekt Otto Bartning ein konstruktives System zur kostengünstigen Realisierung von über 100 Notkirchen.

Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Hans-Theo Gerhards
Das Werk des Architekten und Bauhaus-Ideengebers Otto Bartning im Allgemeinen sowie sein Beitrag zur Entwicklung des seriellen Bauens stehen im Fokus der Ausstellung „Bartning.Bartning.Bartning. Architekt der Moderne“ im LVR-Freilichtmuseum Kommern. Durch das Bauen mit industriell vorgefertigten Teilen hat sich die Bauwirtschaft im 20. und 21. Jahrhundert massiv verändert. Diese Aspekte finden in der Ausstellung ihre Berücksichtigung und werden mit ihren vielfältigen Ausprägungen bis hin zur Gegenwart thematisiert.
Lag in der Konzeption der Ausstellung von vornherein auf dem von Otto Bartning entwickelten Notkirchenprogramm ein inhaltlicher Schwerpunkt, so war der Brückenschlag zum seriellen Bauen bis hin zur Gegenwart ein die Ausstellungskonzeption über begleitender Forschungsprozess. Dabei rückte ein Projekt in den Fokus, das von den gleichen Leitmotiven geprägt wird, wie die von Bartning entwickelten Notkirchen. Die Notkirchen waren kostengünstig in Serie herzustellende Typenbauten, die durch Spendengelder finanziert wurden und bei deren Bau die entsprechende Notkirchengemeinde mithelfen konnte. Bartnings zentrale Leitmotive „Obdach, Schutz und Heimat“ spiegeln sich auch in der sozialen Initiative des Vereins „Little Home Köln e.V.“ wider, der mit ehrenamtlicher Hilfe und persönlichem Einsatz der Bedürftigen selbst mit seriellen Bautechniken Wohnboxen für Obdachlose errichtet. Im Inneren der 3,2 qm² großen Wohnboxen befinden sich neben einer Matratze auch ein Regal, ein Erste-Hilfe-Set, ein Feuerlöscher, eine Campingtoilette sowie eine kleine Arbeitsfläche mit der Möglichkeit zu kochen. Der Verein hat mittlerweile 155 Little Homes erstellt, die in 21 Städten auf dem gesamten Bundesgebiet Menschen Obdach schenken.

Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Hans-Theo Gerhards
Glücklicherweise gelang es, das erste gebaute Little Home, das zwischen 2016 und 2019 einer Bewohnerin in Köln Obdach bot, in die Ausstellung zu integrieren. Das Exponat und die Geschichte der Bewohnerin sind bewegende Beispiele für den Einsatz serieller Bautechniken in für viele Menschen weit entfernte soziale Milieus. Für die meisten ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner war der Einzug in ein Little Home nach dem Leben auf der Straße ein Rückzugsort und eine Brücke zurück in die Gesellschaft. Viele sind mittlerweile in feste Wohnungen umgezogen und haben wieder Arbeit gefunden.
Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Alina Hilbrecht
Im Rahmenprogramm zur Ausstellung wurde Bartnings Leitmotiven „Obdach, Schutz und Heimat“ – im Kontext der partizipativen Elemente – nun Rechnung getragen. Mit Unterstützung des Vereins „Little Home e.V.“, dem „Förderverein Rheinisches Freilichtmuseum Kommern e.V.“ und dem Energieunternehmen „innogy“ konnte am 13. September 2020 mit 20 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern das 152. Little Home gebaut werden. Trotz der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie fand der Aufruf viel Zuspruch. Hohe Temperaturen am Tag des Baus und das dauerhafte Tragen von Masken waren für alle Beteiligten eine große Anstrengung – für die Motivation aber nicht abträglich.

Am Ende des Tages stand das in Museumsfarben gestaltete „Little Home 152“ auf dem Museumsplatz vor der Ausstellung. Es war ein Tag mit vielen tollen Menschen, die sich neu kennenlernten und in vielen guten Gesprächen das Bewusstsein über die Hilfe für Menschen in Not schärften. Am 27. Oktober wurde das Little Home in Köln übergeben. Für das Freilichtmuseum war es eine Herzensangelegenheit, dieses soziale Projekt zu unterstützen und damit einen Brückenschlag zwischen Ausstellung und gelebter Teilhabe zu schaffen.
Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Daniel Manner
Abladen des Little Homes Nr. 152 in Köln, 27.10.2020
Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Alina Hilbrecht

Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Alina Hilbrecht