Das Fachwerkhaus aus Scheuerheck ist mit 28 Quadratmetern ein extrem kleines Haus mit einem ebenfalls sehr kleinen Stall nebenan. Auch wenn früher mehr Menschen auf gleichem Raum gewohnt haben wie heute, war es auch für damalige Verhältnisse sehr beengt.

Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Andrea Nowotny
Sieht man sich die aufwändige Zimmerung des Hauses an, war es keinesfalls eine finanzielle Entscheidung, das Haus nicht etwas größer zu bauen. Ständer und Riegel, also die senkrechten und waagerechten Hölzer, sind eng gesetzt und dicker als statisch erforderlich. Der Giebel an der Straßenseite hat gebogene Streben in den Gefachen und mit Profilen versehene Hölzer. Auch der Türsturz an der Längsseite des Hauses ist sehr fein gearbeitet und mit dem Baujahr „1711“ geschmückt. Dies alles spricht nicht für einen armen Erbauer, denn Holz war damals ein teurer Rohstoff. Je enger man also die Hölzer setzte und je dicker sie waren, desto mehr kostete der Hausbau.
Wenn also Geld nicht das Problem war, warum hat der Bauherr das Haus nicht etwas größer geplant? Wir haben keine Unterlagen aus dieser Zeit, somit können wir über den Besitzer und seine Gründe nur Vermutungen anstellen.
Aufbau des Hauses aus Scheuerheck 1961 im Freilichtmuseum Kommern.
Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Adelhard ZippeliusDas Haus aus Scheuerheck heute in der Baugruppe Eifel.
Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Ute Herborg
Erst aus der Zeit etwa 100 Jahre nach der Erbauung stehen uns Archivakten zur Verfügung. Daher wissen wir, dass ab 1823 mehrere Generationen der Familie Prinz in dem Häuschen wohnten. In diesem Jahr heirateten Anton Prinz aus dem benachbarten Mahlberg und Anna Magdalena Esch aus Scheuerheck. Sie bekamen neun Kinder. Seitdem hieß das Haus im Ort „Prinzenhäuschen“. Die nächsten drei Generationen der Familie Prinz lebten bis ca. 1894 in diesem Haus. Danach kauften die Nachbarn das Grundstück und das Haus blieb seitdem unbewohnt. Bis 1958 blieb es im Familienbesitz und wurde dann von Hubert Scheuren, dem Urgroßenkel von Anton Prinz, dem Freilichtmuseum überlassen.


Es gibt ein weiteres Rätsel um das Fachwerkhaus zu lösen: Auf einer Katasterkarte von 1823 ist auf dem Grundstück, auf dem das Haus stand, kein Gebäude verzeichnet. Dass vergessen wurde, es einzuzeichnen, ist unwahrscheinlich. Dass es aber bereits gut 100 Jahre früher gebaut wurde, macht der Türsturz mit der Jahreszahl deutlich. Möglicherweise hatte Anton Prinz das Haus als Hochzeitsgeschenk aus Mahlberg mit nach Scheuerheck zu seiner Braut gebracht. Dass Fachwerkbauten ihren Standort wechselten, kam tatsächlich vor. In Urkunden und Archivalien wurden daher Häuser nicht als Immobilie, sondern als Mobilie bezeichnet. Die Gefache, also die Füllung zwischen den Balken, wurden heraus geschlagen, die Balkenkonstruktion konnte somit leicht transportiert werden. Wahrscheinlich hat dieses Haus also schon zwei Reisen hinter sich, einmal nach Scheuerheck und ein weiteres Mal von dort ins Museum.

Eine mögliche Erklärung für die Größe des Hauses wäre beispielsweise, dass das ursprüngliche Grundstück aufgrund der in der Eifel üblichen Realteilung keinen größeren Bau zugelassen hat. In der ganzen Eifel galt die Realteilung, die die Aufteilung des Besitzes zu gleichen Anteilen unter alle Erben vorschrieb. So wurde bäuerlicher Besitz immer weiter zersplittert, die Acker- und Weideflächen wurden dadurch kleiner und
immer mehr Höfe unrentabel. Je kleiner das Haus war, desto mehr Platz blieb für einen Garten zur Eigenversorgung übrig. Aber ob das tatsächlich bei unserem Haus aus Scheuerheck zutrifft, bleibt ungeklärt.

Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern, Hans-Theo Gerhards
Das Haus aus Scheuerheck war übrigens das erste Wohnhaus, das im Freilichtmuseum wiederaufgebaut wurde. 1959, noch vor der offiziellen Eröffnung 1961 wurde hier Richtfest gefeiert.
Das ist mein Lieblingshaus in Kommern.
Heute würde man es Tiny Haus nennen 🙂