Ein Kiosk kann vieles sein

Ob Ort des täglichen Einkaufs, spontane Anlaufstelle oder sozialer Treffpunkt. Ein Kiosk kann vieles sein. Damals wie heute übernimmt er wichtige Funktionen im öffentlichen Raum und führt Menschen zusammen.

Die kleinen, eckigen Gebäude haben ihren Ursprung in der islamischen Kultur. Sie dienten als öffentliche Trinkwasserspender oder Reinigungsbrunnen in den Innenhöfen großer Moscheen. Die meist achteckigen Pavillons fanden im 18. Jahrhundert ihren Weg nach Europa. Zunächst in englischen Parks und Landschaftsgärten aufgestellt, eroberten die zumeist aufwendig gestalteten Bauten nach und nach das Stadtbild. Unterstützt durch die aufkommenden Massenmedien entstanden immer mehr Zeitungsverkaufsstellen in Form eines Kiosks.

Schwarz-weiß Foto eines 6-eckicken Kiosks mit Türmchen. Im Hintergrund eine zweistöckige Kutsche
Zeitungskiosk in Paris zwischen 1909 und 1919. Foto: Library of Congress

Im Rheinland entwickelte sich eine weitere Form des Kiosks, die mehr an den Ursprung erinnert. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden hier sogenannte Trinkhallen. Die hölzernen Buden wurden von Trinkwasserherstellern an Bahnhöfen oder in der Nähe von Industriegeländen aufgestellt und betrieben. Durch das öffentliche Angebot von Trinkwasser, sollte die Volksgesundheit verbessert werden. Bisher war der Genuss von Branntwein und anderen Alkoholika während der Arbeitszeit weit verbreitet.

Aus diesen oft aufwendig gestalteten Buden entwickelten sich nach und nach die schlichten Kioskbauten, die auch heute noch vielerorts zu finden sind. Nach wie vor werden hier die ursprünglichen Funktionen eines Kiosks erfüllt. Es entsteht ein öffentlicher Raum, der für Einkäufe und den sozialen Austausch genutzt wird.

Skizze einer Trinkhalle von der Seite und von vorne
Skizze für eine Kölner Trinkhalle, 1873.
Skizze: Architekturmuseum TU Berlin, Inv.Nr. B 1121

Ein solches Gebäude wird zukünftig auch in der Baugruppe „Marktplatz Rheinland“ auf dem Gelände des Freilichtmuseums zu finden sein. Im Oktober 2021 wurde ein mobiler Zeitungskiosk aus dem Bonner „Musikviertel“ in das Museum transloziert. Es handelt sich um einen Verkaufsanhänger der Firma Fahrzeugbau Franzen aus Köln-Efferen aus dem Jahr 1979. Die Verkaufsbude aus Plattenwerkstoff sitzt auf einem kleinen Fahrzeuganhänger aus Stahlprofilen. Das Fahrgestell des Anhängers war zur festen Installation untermauert, die Räder demontiert. Auf dem Dach befindet sich eine Installation aus Leuchtreklame-Elementen. Der „Fliegende Bau“ ersetzte am Originalstandort eine feststehende Kioskbude die bereits im Jahr 1949 aufgestellt worden war.

geschlossener Kiosk mit Graffiti und aufgeklebten Zetteln
Zeitungskiosk aus Bonn nach seiner Schließung 2021. Foto: LVR-Freilichtmuseum Kommern

Im Freilichtmuseum wird der Zeitungskiosk in die Präsentation der Baugruppe „Marktplatz Rheinland“ eingebunden. Nach der Inventarisierung der mit dem Büdchen übernommenen Einrichtung, Werbemittel und Restverkaufsbeständen folgte die quellenkundliche Bearbeitung der Geschichte des Zeitungskiosks. Um auch die Aspekte des Alltags in die Betrachtung mit aufzunehmen, wurden Interviews mit Zeitzeug*innen, Nachbar*innen und Kund*innen des Kiosks, geführt. All diese Erkenntnisse werden zukünftig in die Erarbeitung eines Präsentationskonzepts einfließen. An seinem zukünftigen Standort im Museum kann der Kioskwagen eine Funktion als zusätzliche Vermittlungsebene der Urbanisierung des ländlichen Raums nach 1945 zeigen.

Kiosk mit Zeitungsständern und Magazinen
Bonner Zeitungskiosk in geöffnetem Zustand mit Auslage. Foto: Herbert Conzen

Auswahlliteratur

Auf der Lake, Martin: Kiosk – Objekte der Begegnung im städtischen Raum, in: Stadt + Grün 12 (2015), online unter URL: https://stadtundgruen.de/artikel/kiosk-objekt-der-begegnung-im-staedtischen-raum-2200.html; zuletzt eingesehen am: 09.02.2023.

Franke, Julia/ Niedenthal, Clemens: KioskKultur – Der Ort. Die Dinge. Die Menschen, Delmenhorst 2004.

Naumann, Elisabeth: Kiosk. Entdeckungen an einem alltäglichen Ort. Vom Lustpavillon zum kleinen Konsumtempel, Marburg 2003.

Osses, Dietmar (Hrsg.): Die Bude. Trinkhallen im Ruhrgebiet, Essen 2009.

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