Vermessen und begafft – Rassismus auf dem Jahrmarkt


Neben gängigen Attraktionen wie Karussells oder Tieren wurden auf Jahrmärkten häufig Menschen afrikanischer, amerikanischer, asiatischer oder südostasiatischer Herkunft als “Attraktionen” präsentiert oder in Zoos und Tiergärten zur Schau gestellt. Hierdurch entstanden sogenannte “Menschenzoos” oder „Völkerschauen“ – reisende Shows, in denen Menschen aus außereuropäischen Ländern in nachgebildeten Dörfern und in traditioneller Kleidung zur Unterhaltung der Besucherinnen und Besucher vorgeführt wurden. [1] Jahrmärkte spielten – und spielen immer noch – eine wichtige Rolle als Ort der Zusammenkunft und des Feierns sowie als Raum zur temporären Umdeutung starrer gesellschaftlicher und religiöser Normen. Die Jahrmarktsunterhaltung während der Kaiserzeit war jedoch häufig geprägt von einer vermeintlichen Überlegenheit der europäischen Kultur über die anderen Bevölkerungsgruppen.

Der Einfluss des Imperialismus auf das Bild außereuropäischer Kulturen

Die Gründungen europäischer Kolonien rückte im 19. Jahrhundert bis dato unbekannte Kulturen in den Fokus der Öffentlichkeit. Bis in die 1870er-Jahre hatten die meisten Menschen in Deutschland beispielsweise noch nie persönliche Erfahrungen mit Menschen aus Afrika gemacht. Sie konnten sich bisher nur durch Entdeckungs- und Reiseliteratur eine Vorstellung von ihnen und ihren Lebensweisen machen. Diese Darstellungen waren jedoch in den seltensten Fällen sachlich und neutral formuliert. Viele Berichte stützten sich auf Stereotypen. So wurden Menschen aus Gegenden Afrikas südlich der Sahara oft als faul, ignorant und gewalttätig dargestellt, mit übertriebenen phänotypischen Merkmalen wie großen Lippen und Ohrringen, während die ursprüngliche indigene Bevölkerung Nordamerikas als wild und unzivilisiert beschrieben wurde. Solche Darstellungen waren nicht nur in der Literatur zu finden, sondern auch in anderen Bereichen der deutschen Gesellschaft der Kaiserzeit. Sie wurden in Comics, Büchern, Theaterstücken und sogar in Museen verwendet, um das Publikum zu unterhalten oder zu „informieren“.[2] Besonders effekthascherisch und plakativ fand diese Form der Darstellung aber auf Jahrmärkten und in sogenannten Völkerschauen in Zoos und Tiergärten statt.

Postkarte mit klischeehaft dargestellten dunkelhäutigen Menschen in einem Dorf mit strohbedeckten Hütten und wilden Tieren
Postkarte über die Sächisch-Thüringische Ausstellung in Leipzig und entbietet einen klischeehaften “Gruß aus Ost-Afrika”.
Postkarte: Sammlung Peter Weiss

Exkurs – Entwicklung des Rassismus

Seit dem 16. Jahrhundert wurde mit der Kolonisation durch die Europäer die Bevölkerung in weiten Teilen der Welt unterworfen und ausgebeutet. Um die Ausbeutung, Versklavung und Ermordung der dort lebenden Menschen zu rechtfertigen, bedienten sie sich der Thesen über die biologischen – und darauf aufbauend gesellschaftlichen – Unterschiede verschiedener Menschengruppen.

Die Bezeichnung „Rasse“ entwickelte sich in Deutschland erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Naturforscher wie Carl von Linné, Comte de Buffon und Johann Friedrich Blumenbach oder der Philosoph Immanuel Kant teilten die Menschheit in vier bis fünf Rassen ein, denen sie unterschiedliche Eigenschaften und Wertigkeiten zuschrieben.[3] An der Spitze standen in diesem Wertesystem die „weißen“ europäischen Menschen als die sozial am höchsten entwickelte „Rasse“. Kant hierarchisiert diese Menschengruppen in seiner Vorlesung „Physische Geographie“ wie folgt: „In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen. Die gelben Inder haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.“[4]

Gestützt durch diese Theorien von der Überlegenheit der „Weißen“ über die außereuropäischen Kulturen sahen die Kolonialmächte auch im technischen Fortschritt Europas einen Beweis ihrer vermeintlich „höheren Entwicklungsstufe in der Hierarchie der Rassen“. Große technische Entwicklungen dieser Zeit wie die Dampfmaschine oder die Eisenbahn waren jedoch nur durch die Einnahmen aus den eroberten Gebieten, durch die Ausbeutung der Menschen und natürlichen Ressourcen in den Kolonien möglich geworden.

Die Rassentheorie legitimiert das imperialistischen Vorgehen unter dem Deckmantel der Zivilisierungsmission und etabliert den Rassismus in der Gesellschaft.[5].

Bildtafel mit Zeichnungen von Menschen aus verschiedenen Ländern
Hölzels Schaubild der “Rassetypen” von 1903 zeigt rassistische Überlegenheitsfantasien von außereuropäische Menschen.
Schaubild: priv. coll.

Die Darstellung von Rasse und Rassismus in der Jahrmarktsunterhaltung der Kaiserzeit


Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts befriedigten neben den Völkerschauen vermehrt auch Panoptiken (siehe Blogbeitrag “Menschen als Attraktionen”) die Schaugelüste der Jahrmarktsbesucherinnen und –besucher.

In zahlreichen Jahrmarktsattraktionen wurde die Darstellung von Menschen aufgegriffen und effekthascherisch umgesetzt. So wurde beispielsweise 1905 erstmals eine Schießbude auf deutschen Jahrmärkten ausgestellt, in der man Köpfe von Herero-Männern aus Glas abschießen konnte. Diese waren naturalistisch gestaltet und echten Menschen nachempfunden. Hintergrund dieser Darstellung waren die Ereignisse im damaligen Deutsch-Südwestafrika.

Schwarzweiß-Postkarte mit Wurfbude, davor viele Menschen. Darauf der Schriftzug "Gruss vom Volksfest Weiden"
Feldpostkarte vom Volksfest in Weiden in der Oberpfalz, 1910er-Jahre
Postkarte: Archiv LVR-Freilichtmuseum Kommern

Die deutsche Kolonialverwaltung hatte mit der Übernahme der „Schutzherrschaft“ 1884 in Deutsch-Südwestafrika eine strikte Rassentrennung etabliert. Die Kolonialherren sahen sich in jeder Hinsicht als die überlegene “Rasse” und nahmen den Einheimischen jegliche Rechte. 1904 setzten sich die Herero zunächst mit Blockaden und Angriffen auf koloniale Einrichtungen zur Wehr.

Unter Generalleutnant Lothar von Trotha schlug eine rund 15.000 Soldaten umfassende Streitmacht die Rebellion der Einheimischen innerhalb weniger Monate militärisch nieder. So ließ der deutsche Befehlshaber in der “Schlacht am Waterberg” einen Großteil der Herero einkesseln und vernichten. Zudem wurde auf seinen Befehl hin die wasserlose Omaheke-Wüste abgeriegelt, in die Tausende Herero geflohen waren. Die Flüchtlinge verdursteten. Etwa 65.000 der 80.000 Herero und mindestens 10.000 der 20.000 Nama fielen der Vernichtungspolitik zum Opfer.[6] Die Diskriminierung und Unterdrückung beider Bevölkerungsgruppen ging bis zum Ersten Weltkrieg weiter. Die deutsche Kolonialherrschaft über Südwestafrika endete erst 1915 mit der Kapitulation der kaiserlichen Schutztruppen vor südafrikanischen Truppen des britischen Empire. [7]

Völkerschauen – Menschenzoos als rassistische Ausstellungsstücke

Entdeckungsreisende brachten ab dem 15. Jahrhundert erstmals Menschen aus fernen Ländern nach Europa. Diese “exotischen” Menschen wurden bei Hofe oder auf Jahrmärkten vorgeführt. Ein Großteil dieser – meist verschleppten – Menschen starb noch während der Überfahrt nach Europa. Die, die es bis Europa schafften, litten an Heimweh, vertrugen die ungewohnte Nahrung nicht und starben oft früh an für ihr Immunsystem unbekannten Krankheiten. Die wenigsten von ihnen kehrten in ihre Heimat zurück.[8]

Schwarzweiß-Foto mit strohgedeckten Hütten, davor ein Fluss mit schwarzen Menschen
Völkerschau bei der Weltausstellung 1894 in Antwerpen
Foto: Laetitia-Marie Dujardin: „Ethics and trade. Photography and the colonial exhibitions in Amsterdam, Antwerp and Brussels“. Amsterdam 2007

In Deutschland fanden diese „Menschen-Ausstellungen“ erst ab dem 19. Jahrhundert in größerem Umfang statt. 1874 veranstaltete Carl Hagenbeck (1844–1913) die erste große Völkerschau mit „Lappländern“, die zum Vorbild aller weiteren wurde. Er holte nicht nur die Menschen, sondern auch Rentiere und Objekte wie Zelte, Werkzeuge und Schlitten in seine Darbietungen. Die Darstellerinnen und Darsteller brachten zusätzlich einiges an Hausstand mit und sollten sich bei ihren Auftritten möglichst „natürlich“ verhalten. Zusätzlich zum dargestellten Alltag gab es Programmeinlagen mit Tänzen, Musik oder Vorführungen von Kampfszenen. Der Umgang der Ausgestellten mit den Schauen war unterschiedlich. Manche professionalisierten sich in diesem Bereich und organisierten ihre Shows bald selbst. Andere waren schon in ihren Herkunftsregionen etablierte Schausteller und Schaustellerinnen, beispielsweise als Schlangenbeschwörer, Artistinnen oder Tänzerinnen und heuerten bei Zirkussen an. Die meisten der angeworbenen Menschen wurden jedoch mit falschen Versprechungen angelockt, unter desolaten Bedingungen untergebracht und waren vom Unternehmer der Völkerschauen abhängig.[9]

Völkerschauen fanden sowohl als „Dauerausstellungen“ in Zoos und Tierparks statt, aber auch als Wandergeschäfte, mit denen Unternehmer zu Jahrmärkten, Varietés und Zirkussen reisten. Einer der bekanntesten Jahrmarkt-Schausteller mit entsprechenden Angeboten war Friedrich Wilhelm Siebold. Er hatte bei einer Reise in die USA Stefan Bibrowski kennengelernt. Wegen seiner ungewöhnlich starken Körperbehaarung wurde er schon in jungen Jahren als „Lionel, der Löwenmensch“ zur Zugnummer im Zirkus Barnum & Bailey. Sie freundeten sich an und Bibrowski reiste 1909 mit Siebold nach Deutschland. Hier trat er in Schaubuden auf Jahrmärkten in Oberhausen, München und Bremen als „Löwenmensch“ auf.[10] Nach dem Ersten Weltkrieg erweiterte Siebold das Geschäft und ließ dafür große Schaugeschäfte bauen, in denen er neben Lionel weitere Menschen mit ungewöhnlichem Aussehen präsentierte. Später holte er die „Giraffenhals-Frauen“ ins Programm. Noch 1931 zeigte er auf dem Münchner Oktoberfest die Ausstellung “Kanaken der Südsee”.[11]

Schwarzweiß-Foto eines Mannes mit starker Körperbehaarung
Postkarte: “Andenken an Lionel, den Löwenmenschen”, 1907
Abbildung: gemeinfrei. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lionel17.jpg

Von der Reichsgründung bis in die 1930er-Jahre fanden in Deutschland etwa 400 Völkerschauen statt. Im Jahr 1940 wurden sie unter der nationalsozialistischen Herrschaft eingestellt. Versuche, sie in den 1950er-Jahren wiederzubeleben, gelangen nicht. Ein wesentlicher Faktor war vermutlich die aufkommende Filmindustrie, die seit den 1920er-Jahren zu einem Massenphänomen geworden war und sowohl eine größere Wirkung erzielten als auch einfacher zu realisieren waren. [12]

Siebolds “Lippenneger”
Foto: Sammlung Siebold & Pfennig

Der große Erfolg der Völkerschauen hatte vielfache Gründe. Zum einen war es die Neugier bzw. Schaulust, die die Menschen zu den Darbietungen zogen. Sie bedienten ganz gezielt die damaligen Klischees und waren darauf angelegt, die Erwartungen möglichst spektakulär zu bestätigen.[13] Zum anderen war es aber auch das wachsende Informationsbedürfnis der Bevölkerung. Jahrmärkte boten mit ihren verschiedenen Angeboten die Möglichkeit, neue Dinge kennen zu lernen: bei Völkerschauen und Menagerien wurden Menschen und Tiere fremder Länder ausgestellt, in anatomischen Kabinetten und Panoptiken konnten hingegen die menschliche Anatomie oder Erfindungen der damaligen Zeit betrachtet werden. Auch wenn die Darstellungen verfälscht oder übertrieben wurden, kamen sie dennoch dem Informationsbedürfnis der Menschen nach.[14] Hinzu kommt, dass Völkerschauen eine Art von europäischer Identität gestalteten. Die ausgestellten Menschen wurden meist als primitiv und kulturell rückständig inszeniert und damit die Überlegenheit Europas impliziert. Das in der Kaiserzeit etablierte Rassenmodell wurde hier bildhaft vorgelebt und vorhandene rassistische Denkmuster widergespiegelt und bestätigt.[15] Die vermeintliche Vollkommenheit der „weißen“ Hautfarbe wurde hervorgehoben und vermittelte ein Überlegenheitsgefühl.

Völkerschau Kanaken der Südsee
Foto: Sammlung Siebold & Pfennig

Interessanterweise erließ 1900 der deutsche Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst ein Gesetz, das die „Ausfuhr von Eingeborenen aus den Kolonien zum Zwecke der Schaustellung“ verbot. Grund für dieses Verbot war der fehlende wissenschaftliche Anspruch der Veranstalter von Völkerschauen und die Sorge der Kolonialherren um den Ruf der Deutschen und die Stimmung in den Kolonien.  Eine Vermischung des Völkerschaugeschäfts mit dem deutschen Kolonialismus sollte vermieden werden.[16]

Widerstand gegen rassistische Jahrmarktsunterhaltung während der Kaiserzeit

Trotz des allgegenwärtigen Rassismus´ auf Jahrmärkten während der Kaiserzeit gab es Menschen, die sich diesen Praktiken widersetzten. Aktivisten und Organisationen wie beispielsweise der „Deutsche Frauen-Verein zur Hebung der Sittlichkeit“ sprachen sich gegen die Ausbeutung außereuropäischer Völker aus und forderten ein Ende von Menschenzoos und anderen rassistischen Formen der Unterhaltung.

Zunehmend wurde auch – unter anderem von den Kirchen – der Rassismus bei der Zurschaustellung der Menschen kritisiert. Schon 1872 verbot beispielsweise die Münchner Polizei eine Zurschaustellung von nordamerikanischen indigenen Menschen, weil sie als menschenverachtend empfunden wurde.[17]

1892 verstarb die 17-jährige Cula an einer Lungenentzündung – eine von 40 Frauen, die in München als „Amazonen aus Dahomey“ (heute Benin) in einer Völkerschau präsentiert wurden. In einem Artikel der Münchner Post wurde ihr früher Tod als Folge von „Geldmacherei der Völkerschauen“ kritisiert.[18]

Derartige offizielle Äußerungen waren im ausgehenden 19. Jahrhundert aber eher die Ausnahme und hatten nicht so sehr den Schutz der zur Schau gestellten Menschen als viel mehr sittliche Hintergründe bei der Präsentation fast nackter Körper im Sinn. [19]

Auch von Seiten der Ausgestellten kam es Protesten: Auf der ersten deutschen Kolonialausstellung 1896 mussten 106 Afrikanerinnen und Afrikaner kostümiert inszenierte Tätigkeiten eines „Negerdorfs“ mit „Eingeborenenhütten“ aus Ostafrika, Togo und Kamerun vorführen. Die meisten Teilnehmenden der Völkerschau in Treptow waren wohlhabend und gut ausgebildet. Sie waren freiwillig nach Deutschland gekommen. Manche erhofften sich von der Teilnahme an der Ausstellung, im Anschluss eine berufliche Ausbildung und Karriere in Deutschland beginnen zu können. Andere planten, diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Fast alle Teilnehmenden unterzeichneten Arbeitsverträge mit vergleichsweise geringem Lohn. Vielen schien nicht klar gewesen zu sein, dass sie „ausgestellt“ werden sollten.

Die Fotos des Anthropologen Felix von Luschan, die er für den Katalog der Kolonialausstellung aufnahm, zeigen die meisten Männer in ihrer üblichen Kleidung: in Hemd und Frack. Sie hatten sich geweigert, in der vermeintlich traditionell afrikanischen Tracht fotografiert zu werden.[20] Kwelle Ndumbe, einer der Männer dieser Ausstellungs-Gruppe, zeigte seinen Protest deutlich, indem er mit einem Opernglas seinerseits auf das Publikum zurückstarrte. [21]

Die Auswirkungen von Rassismus auf Jahrmärkten

Die Auswirkungen der Jahrmarktsunterhaltung und Völkerschauen auf außereuropäische Bevölkerungsgruppen waren verheerend. Menschen wurden entmenschlicht behandelt, ihrer Würde beraubt und zur Belustigung der Bevölkerung in Europa vorgeführt. Viele von ihnen wurden gezwungen, unter entwürdigenden Bedingungen zu leben und zu arbeiten, und erlitten oft körperliche und geistige Misshandlungen durch die Schausteller. Diese Behandlung verstärkte negative Stereotype und Einstellungen gegenüber Menschen anderer Kontinente und führte zu Diskriminierung und Ungleichheit. Die Darbietungen lebten den Umgang mit „Fremden“, „Andersartigen“ vor und verankerten damit rassistische Denkmuster und Handelsweisen fest in der Gesellschaft.

Die Geschichte des Rassismus auf Jahrmärkten ist ein oft vergessener, aber dennoch wichtiger Teil der deutschen Geschichte. Die rassistischen Stereotype und Vorurteile, die in der Kaiserzeit auf Jahrmärkten verbreitet wurden, haben bis heute Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Menschen außereuropäischer Länder in Deutschland. Das rassische und kulturelle Gedankengut, welches im Kolonialismus verbreitet wurde, sitzt weiterhin im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft fest. Die Geschehnisse des 19. und 20. Jahrhunderts sind fester Bestandteil der europäischen Vergangenheit und wirken sich grundlegend auf die heutigen gesellschaftlichen Strukturen aus. Um den aktuellen Rassismus in der Gesellschaft begreifen zu können, ist es deswegen unerlässlich, sich sowohl mit der Geschichte des Kolonialismus als auch mit den rassistischen Darbietungen auf Jahrmärkten und bei Völkerschauen auseinanderzusetzen.

Eine Schaubude auf dem „Jahrmarkt anno dazumal“ soll als Mahnmal an die Schicksale diskriminierter Menschen erinnern. Sie ist Teil einer Ausstellung zur Geschichte des Jahrmarktes, die während der Veranstaltung gezeigt wird, um Besucherinnen und Besucher für diesen Teil der deutschen Geschichte und seine Auswirkungen bis heute zu sensibilisieren und zu informieren.


[1] Anne Dreesbach, Gezähmte Wilde: die Zurschaustellung “exotischer” Menschen in Deutschland 1870-1940. Frankfurt am Main 2005.

[2] Andreas Zangger, Empire at Home. https://www.bpb.de/themen/kolonialismus-imperialismus/postkolonialismus-und-globalgeschichte/224969/empire-at-home/ (abgerufen am 22.03.2023).

[3] Christian Koller, Was ist eigentlich Rassismus?. https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/213678/was-ist-eigentlich-rassismus/ (abgerufen am 25.02.2023).

[4] Immanuel Kant, Physische Geographie, 1802 [ediert und herausgegeben von Friedrich Theodor Rink nach Kants Vorlesungsmaterialien], S. 316. https://korpora.zim.uni-duisburgessen.de/kant/aa09/316.html.

[5] Wulf D. Hund, Wie die Deutschen weiß wurden. Kleine Geschichte des Rassismus. Stuttgart 2017.

[6] Bundeszentrale für politische Bildung, Kurz und knapp. Herero-Aufstand. https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/176142/januar-1904-herero-aufstand-in-deutsch-suedwestafrika/ (abgerufen am 22.02.2023).

[7] Die deutsche Bundesregierung nahm zur Bewertung des Ereignisses lange keine Stellung und wies noch im August 2012 eine etwaige Verantwortung für einen Völkermord von sich. Am 10. Juli 2015 wurden die Ereignisse vom deutschen Auswärtigen Amt erstmals als Völkermord bezeichnet. https://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_an_den_Herero_und_Nama (abgerufen am 18.3.2023).

[8] Anne Dreesbach: Kolonialausstellungen, Völkerschauen und die Zurschaustellung des “Fremden”. http://ieg-ego.eu/de/threads/hintergruende/europaeische-begegnungen/anne-dreesbach-kolonialausstellungen-voelkerschauen-und-die-zurschaustellung-des-fremden (abgerufen am 18.3.2023)

[9] Zoo Leipzig. https://leipzig-postkolonial.de/themen/zoo-leipzig/  (abgerufen am 22.03.2023).

[10] Fritz Peters: Freimarkt in Bremen. Geschichte eines Jahrmarkts. Bremen 1962. S. 99.

[11] Margit Ramus: Kulturgut Volksfes, Siebold. https://kulturgut-volksfest.de/enzyklopaedie/siebold-franz-und-friedrich-wilhelm/ (abgerufen am 22.03.2023).

[12] Anne Dreesbach, Gezähmte Wilde: die Zurschaustellung “exotischer” Menschen in Deutschland 1870-1940. Frankfurt am Main 2005. S. 314/315.

[13] Anne Dreesbach, Kolonialausstellungen, Völkerschauen und die Zurschaustellung des “Fremden”, in: Europäische Geschichte Online, hg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte, Mainz. http://www.ieg-ego.eu/dreesbacha-2012-de (abgerufen am 23.03.2023).

[14] Stefan Nagel, Schaubuden. Geschichte und Erscheinungsformen. Münster 2000. S.14.

[15] Rikke Andreassen, Human Exhibitions – Race, Gender and Sexuality in Ethic Displays. London 2015. S. 34f.

[16] Anne Dreesbach, Kolonialausstellungen, Völkerschauen und die Zurschaustellung des “Fremden”, in: Europäische Geschichte Online, hg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte, Mainz. http://www.ieg-ego.eu/dreesbacha-2012-de (abgerufen am 23.03.2023).

[17] Münchener Gemeinde-Zeitung, 1, Nr. 27, vom 4. Juli 1872. S. 204 https://books.google.de/books?id=AD9UAAAAcAAJ&hl=de&pg=PA204#v=onepage&q&f=false (abgerufen am 22.02.2023).

[18] Süddeutsche Zeitung: So rassistisch waren Völkerschauen in München, vom 13. November 2017. https://www.sueddeutsche.de/muenchen/grosser-andrang-abschied-von-cula-1.3746431 (abgerufen am 23.03.2023)

[19] Sandrine Lemaire, Pascal Blanchard, und Éric Deroo, MenschenZoos. Schaufenster der Unmenschlichkeit. Hamburg 2012. S.24.

[20] Seyda Kurt: Koloniale Völkerschauen, “Es war und ist der rassistische Blick auf nicht-weiße Menschen”. In : Zett, online-Magazin der ZEIT, 29.09.2019. https://www.zeit.de/zett/politik/2019-09/koloniale-voelkerschauen-es-war-und-ist-der-rassistische-blick-auf-nicht-weisse-menschen. (Abgerufen am 22.03.2023).

[21] Ausstellung im Museum Treptow „Looking back – Die Erste Deutsche Kolonialausstellung von 1896 in Berlin-Treptow.

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